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Seitensprung mit Freunden

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Kritik Kino.de
Scharfer Swinger- oder softer Schlafzimmersex? Dies erörtern in Markus Herlings (Moral-)Komödie Aglaia Szyszkowitz, Caroline Peters, Fritz Karl und Samuel Finzi.

Sex oder Liebe? Eine zentrale Frage im Leben – und natürlich auch im Film. Im Fernsehen wird was zwischen den Laken geschieht – mit Rücksicht auf Jugendschutz und Sendezeiten – häufig ausgeblendet, im Schlafzimmer herrscht bevorzugt “tote Hose”, dafür wird gerne lautstark gestritten – über (fehlendes) Geld, Kinder oder Beziehung. Nicht so, der Titel verrät’s, in “Seitensprung mit Freunden”. Hier geht man freundlich miteinander um, mag sich, hat keine finanziellen Sorgen und auch der Nachwuchs ist wohl geraten. Auf dem Soundtrack wird gleich im Opener geswingt, ein Hinweis vielleicht, dass die vier Protagonisten sich bald als Swinger versuchen.

Das Milieu ist gehoben. Die beiden Herren sind angesehene Chirurgen, eine Frau arbeitet als TV-Wettermoderatorin, die andere betreibt eine Boutique. Man isst gut, wohnt schick, die Kleider sitzen – die Frisuren auch. Nur das Liebesleben ist auf der Strecke geblieben. Da erfährt Julia (Aglaia Szyszkowitz) von Freundin Vanessa (Caroline Peters), dass sie und Langzeitpartner Marc (Fritz Karl) eine offene Beziehung führen – mit gegenseitigem Einverständnis. Und positivem Effekt: “Das hat unsere Beziehung völlig verändert – Marc und ich sind uns wieder völlig vertraut.” Das Interesse Julias ist geweckt. Sie berichtet ihrem Mann. Paul (Samuel Finzi), nach eigenen Angaben einst “Hippie, jetzt IT-Hippie”, ist wenig begeistert, lässt sich jedoch auf eine Sexsause locken. Nur: Wenn’s zu bunt wird, soll abgebrochen werden. Codewort: “unzüchtig”…

“Strung out and cold, I’m feeling so old…” diesem Gefühl, festgemacht an einer Textzeile von einem der schwungvollen Songs, gilt es bei der flotten Ménage à quatre zu trotzen, clever erzählt Silke Neumayer (“Ich liebe den Mann meiner besten Freundin”) in ihrem von der argentinischen Komödie “Dos más dos” inspiriertem Drehbuch von zwei ins Stocken geratenen Beziehungen. Als luftiges, leises, hintersinnig-heiteres Kammerspiel setzt Regisseur Markus Herling (“Opa, ledig, jung”) den Stoff um. Elegant, bestimmt von klaren, kräftigen Farben, ist Patrick-David Kaethners Kameraarbeit; dazu Detailaufnahmen von High Heels, schwarzen Strümpfen und tastenden Händen, Zwischenschnitte von Stadtansichten, Nahaufnahmen von Gesichtern, Küsse in Zeitlupe. Selbst rote Rosen fehlen nicht. Die Bilder bleiben dabei wie die Kleidungsstücke hochgeschlossen. Erotik ist eine Sache des Kopfs, selbst auf der freizügigen Poolparty, zu der Uwe Ochsenknecht – “Du bist so heisss!” – im Kurzauftritt einlädt.

Besonders bemerkenswert sind die Darstellerleistungen. Finzi gibt mit samtiger Stimme und gewohnt verquerem Tonfall den ewig ehrgeizigen Spießer, Lockenkopf Karl den quirligen Latin Lover – “Wir sind Freunde mit gewissen Vorzügen” -, Peters seine redselige Herzdame, die mit der neuen Freizügigkeit nicht wirklich zurecht kommt, und die wunderbare Szyszkowitz die experimentierfreudige Gattin, die sich im Finale eine sexuelle Fantasie erfüllt – eine, die Dominique Strauss-Kahn gefallen hätte.