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Der Vorleser

Inhalt

Die Verfilmung des Bestsellers „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink stand unter keinem glücklichen Stern: Im Jahr 2008 starben die Produzenten Anthony Min­ghella und Sydney Pollack im Abstand von nur wenigen Mona­­­­ten, der Film ist beiden gewidmet. Dann ging ein weiterer Produzent im Streit mit den Bossen der Produktionsfirma, da man sich nicht über die Strategie im Vorfeld der Oscar-Verleihung einigen konnte. Die Folge: Der Film musste ziemlich schnell fertig sein. 1958: Der Schüler Michael Berg (David Kross) ist krank, auf dem Nachhauseweg muss er sich in einem Hauseingang übergeben. Eine Frau hilft ihm, später kehrt er zurück, um sich zu bedanken. Hanna Schmitz (Kate Winslet) zeigt sich als resolute, fast schroffe Frau, die als Straßenbahnschaffnerin arbeitet. Eher nebenbei beginnen beide eine leidenschaftliche Affäre, die einen Sommer dauert. Und wichtiger als der Sex ist Hanna bald, dass Michael ihr aus den Büchern vorliest, die er im Unterricht durchnimmt, sei es Lessing, Homer oder Nabokov. Denn Hanna kann nicht lesen und schreiben. 1966 nimmt Michael sein Jurastudium in Heidelberg auf und reist mit seinem Professor (Bruno Ganz) und Kommilitonen zu einem Prozess gegen Frauen, die als KZ-Wärterinnen gearbeitet haben. Unter den Angeklagten ist auch Hanna. Der in England geborene Regisseur Stephen Daldry lernte als Kind die deutsche Sprache, lebte später in Berlin. Anders als in Bernhard Schlinks chronologisch verfasster Romanvorlage erzählt er die Geschichte auf verschiedenen Zeitebenen. Den erwachsenen Michael spielt Ralph Fien­nes. Diese Sprunghaftigkeit ist es aber auch, die den Film manchmal zerfahren wirken lässt. Die so abrupt begonnene wie beendete Liebesgeschichte zeigt er nicht ohne Sentimentalität, was aber durch die kühle Spielweise Winslets aufgefangen wird. „Der Vorleser“ ist nur zwischen den Zeilen ein Holocaustdrama, das die Frage nach kollektiver Schuld stellt. Besonders beeindruckend sind dennoch die Szenen im Gerichtssaal. Theatermann Daldry hatte darauf bestanden, dass immer alle Darsteller anwesend sind. Beim Film ist das eher unüblich, da Einstellungen meist separat gedreht werden. Wie sehr der Film bereits mit Kate Winslet identifiziert wird, zeigt die Berichterstattung: Da wurde aus „Der Vorleser“ öfter schon „Die Vorleserin“. Neben Winslet ist es aber vor allem dem 18-jährigen David Kross zu verdanken, dass der Film so berührt. Kross spielte 2006 seine erste Rolle in Detlev Bucks „Knallhart“ und wird bei der Berlinale 2009 als deutscher „Shooting Star“ geehrt.